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Hockey Huttwil vs SC Langenthal 8:2
Huttwil siegt, Langenthals Trainer muss gehen
Hockey Huttwil fegt den SC Langenthal mit 8:2 (2:0, 3:0, 3:2) vom Eis. Ein interessanter, unterhaltsamer und lehrreicher Hockey-Abend mit einem dramatischen Schlussakt, der leider nicht mehr vor dem werten Publikum aufgeführt worden ist: Langenthal hat Trainer Robert Othmann eine gute halbe Stunde nach der Schlusssirene noch im Campus Perspektiven des Amtes enthoben.
Das Derby fand nicht statt. Das mag eine polemische Feststellung sein. Aber so war es: Der SC Langenthal war nie dazu in der Lage, Hockey Huttwil auf Augenhöhe zu fordern und ein echtes Derby gibt es eigentlich nur zwischen zwei ungefähr gleich starken Teams. Seit die Langenthaler in der gleichen Liga spielen wie die Huttwiler haben sie alle Spiele gegen den Rivalen verloren. Test- und Meisterschaftspartien. Aber dieses 2:8 ist die Mutter aller bisherigen Niederlagen. Einerseits der Stärke der Huttwiler zuzuschreiben. Aber eben auch der Verfassung der Langenthaler, die so besorgniserregend geworden ist, dass Trainer Robert Othmann noch am gleichen Abend freigestellt worden ist.
Doch der Reihe nach. Beginnen wir mit dem Spektakel auf dem Eis. Hockey Huttwil ist in jeder Beziehung in formidabler Verfassung: 8:0 gegen Bülach, 3:2 gegen Tabellenführer Martigny und nun eben dieses 8:2 gegen den SC Langenthal. Das Spiel der Huttwiler ist gut organisiert, das Tempo und die Intensität sind hoch, die Energietanks voll und die physische Verfassung vorzüglich. Hockey Huttwil ist ein robustes, exzellent gecoachtes, taktisch smartes, gut ausbalanciertes, von Trainer Daniel Bieri und Sportchef Max Dreier über mehrere Jahre entwickeltes Spitzenteam ohne erkennbaren Schwachpunkt. Drei der vier Sturmlinien steuern mindestens ein Tor zum 8:2 bei. Obwohl mit Robin Nyffeler einer der wichtigsten Einzelspieler verletzungshalber nach wie vor fehlt. Mit einer Niederlage gegen diese Huttwiler in der aktuellen Hochformphase muss jedes Team rechnen.
Es gehört zur Dramatik dieses Derbys, dass Stefan Diezi der überragende Einzelspieler war. Er erzielte die Treffer zum 2:0, 3:0 und 7:1, assistierte zum 5:0 und seine Angriffsreihe war an insgesamt fünf Treffern beteiligt. Warum stürmt er für Huttwil und nicht für Langenthal? Basels Sportchef Kevin Schläpfer liefert die Antwort. Er pflegt gute Beziehungen zu Hockey Huttwil und zum SC Langenthal und hält die B-Lizenz für Stefan Diezi. Er hat ihn diese Saison auch bereits dreimal bei Basel eingesetzt. Er sagt, er habe ihm schon wegen dem guten Einvernehmen mit den Huttwilern und den Langenthalern die Wahl des Klubs überlassen: „Ich habe ihm gesagt, er solle in Langenthal und in Huttwil vorbeischauen und dann entscheiden, wo er spielen möchte. Er hat sich für Huttwil entschieden.“ Wir wollen nicht grübeln, warum er Huttwil und nicht Langenthal gewählt hat. Es ist, wie es ist.
Die Langenthaler haben Verletzungssorgen. Sie konnten nicht in Bestbesetzung antreten. Aber Cheftrainer Robert Othmann konnte bei seiner Abschiedsvorstellung immer noch eine respektable Mannschaft mit bewährten Kräften zusammenstellen. Torhüter Colin Stauffacher hat sich diese Saison bereits in zwei Partien bei Basel in der Swiss League bewährt (92,40 Prozent Abwehrquote). Verteidigungsminister Philip Ahlström bringt die Erfahrung von mehr als 400 Partien in der zweithöchsten Liga aufs Eis. Der offensive Leitwolf Fabio Kläy kann auf mehr als 300 Partien in der zweitobersten Spielklasse zurückblicken. Der SC Langenthal hatte für dieses Derby alles in allem ungefähr gleich viel Talent zur Verfügung wie Hockey Huttwil. Und doch nie eine Chance: Zu langsam, zu zögerlich in den Zweikämpfen, nach fünf Niederlagen de suite zu stark verunsichert. Eigentlich hat nur einer konstant sein bestes Hockey gezeigt: Colin Stauffacher war der tapfere Held des Abends. Allein gelassen von seinen Vordermännern hielt er spektakulär, was zu halten war und verhinderte ein „Stängeli“.
Nach der Schlusssirene beginnt im Campus Perspektiven der zweite, der dramatische Teil dieses Derbys. Die Kabinentüre bleibt lange zu und dann hat Trainer Robert Othmann, sonst ein freundlicher Mann, für einmal keine Zeit für eine kurze Plauderei über das Spiel, Gott und die Hockey-Welt. Er eilt, sichtlich gestresst, zu einer Besprechung in den „Medienraum“ unterhalb der Stadionbeiz. Präsident Walter Ryser und der für den Sport zuständige Verwaltungsrat Simon Flückiger eröffnen ihm dort ziemlich genau eine halbe Stunde nach Spielschluss die Amtsenthebung. Die „Scheidung“ wird dann am Sonntagmorgen um 8:54 Uhr per E-Mail öffentlich gemacht. Mehr Drama geht nicht: Langenthals Trainer wird unmittelbar nach einer Niederlage gegen Hockey Huttwil im Campus Perspektiven freigestellt. Wir haben das dramatischste Derby der Geschichte erlebt. Punkt.
Die Frage ist natürlich: Warum ist Robert Othmann gescheitert? Er hat ja letzte Saison nach dem freiwilligen Abstieg eine Mannschaft in die Playoffs geführt, die praktisch „auf der grünen Wiese“ neu zusammengestellt werden musste. Er gilt als fachlich hervorragender Trainer mit hoher Sozialkompetenz. Sein eher weicher Führungsstil war genau richtig in dieser schwierigen Saison, als es in erster Linie darum ging, die Mannschaft zusammenzuhalten und die Spieler mehr zu fördern als zu (über)fordern. Diese Ausgangslage war auch ein wenig ein Abenteuer mit „Hockey-Romantik.“ Es war eine Meisterleistung, eines auf dem Papier wohl schwächsten Teams der Liga in die Playoffs zu führen. Nun ist auf diese Saison nachgerüstet worden und nominell gehört der SC Langenthal inzwischen zu den besten Mannschaften. Das Saisonziel „direkte Playoff-Qualifikation“ für das Rang 6 erforderlich ist, war durchaus realistisch. Aber noch selten ist die Chemie eines Teams von einer Saison auf die nächste so stark verändert worden. Die Ankunft von Alphatieren wie Philip Ahlström, Patrick Bandiera oder Gauthier Girardin erfordert einen anderen Führungsstil. Robert Othmann hätte nun mehr autoritärer „Bandengeneral“ als verständnisvoller Ausbildner sein müssen. Und das ist ihm nicht gelungen. Er konnte nicht über seinen Schatten springen.
So muss bei Langenthal ein Trainer gehen, der bei den Spielern beliebt war. Simon Flückiger sagt, der neue Trainer müsse nun einen Mittelweg zwischen Fordern und Fördern finden und sein Bedauern über das Scheitern von Robert Othmann ist echt. Für die Nachfolgeregelung werde man sich ein paar Tage Zeit lassen und zusammen mit dem neuen Trainer eine der veränderten Ausgangslage angepasste Zielsetzung formulieren. „Wir sind 11 Punkte hinter Rang 6 und es wäre ambitioniert, weiterhin an dieser Zielsetzung festzuhalten. Es hängt nun auch davon ab, wann unsere verletzten Spieler wieder ins Team zurückkehren.“
Fehler und Versäumnisse muss sich die tüchtige Führungscrew um Präsident Walter Ryser keine vorwerfen lassen. Sie hat lediglich unterschätzt, wie schwierig und langwierig der Aufbau eines neuen, konkurrenzfähigen Teams der MyHockey League sein kann. Immerhin gibt es für Walter Ryser einen Trost: Nun ist er ein richtiger Präsident. Weil nur einer im Hockey ein richtiger Präsident ist, der eine Amtsenthebung eines Trainers orchestriert hat. Er sagt mit der ihm eigenen sympathischen Selbstironie: „Das kann man so sagen.“
Klaus Zaugg
Zusatzstöffli: Während den Playoffs noch gratis parkieren?
Dino Stecher, der Geschäftsführer des Campus Perspektiven bestätigt am Rande des Derbys die Einführung von Parkgebühren. Auch Markus Bösiger, der Besitzer der Anlage ist mit der Erhebung von Parkgebühren voll und ganz einverstanden. Offen ist eigentlich nur noch der Zeitpunkt, wann das Portemonnaie gezückt werden muss. Eigentlich sollte Dino Stecher schon im Januar kassieren. „Aber den Termin schaffen wir wohl nicht. Sagen wir es so: Definitiv werden die Parkgebühren im Jahr 2025 eingeführt.“ Es besteht also eine kleine Chance, dass die Matchbesucherinnen und -Besucher auch noch während der Playoffs gratis parkieren können – wahrscheinlich sogar dann, wenn es Hockey Huttwil bis in den Final schaffen sollte.
Telegramm:
Hockey Huttwil – SC Langenthal 8:2 (2:0, 3:0, 3:2)
Campus Perspektiven, Huttwil. – 737 Zuschauer. – SR: Clément, Fankhauser/Fender. – Tore: 3. Haldimann (Braus) 1:0. 15. Diezi (Ruch, Gurtner/Ausschluss Naber) 2:0. 23. Diezi 3:0. 27. Hess (Ruch) 4:0. 38. Hess (Diezi, Gurtner) 5:0. 46. Waber (Schwegler) 6:0. 46. Liechti (Schmied, Schmid) 6:1. 49. Diezi (Ausschluss Y. Boppart) 7:1. 55. J. Bieri (Nyffeler) 8:1. 56. Schaub (K. Krayem) 8:2. – Strafen: 7mal 2 Minuten gegen Huttwil. 9mal 2 Minuten gegen Langenthal.
Huttwil: Liechti; R. Bieri, Bruni; Zryd, Gurtner; Lanz, Schwegler; Minder, Wyser; Braus, J. Bieri, Haldimann; Ruch, Hess, Diezi; Lerch, Tschudi, Waber; Weber, Wey, Nyffeler
Langenthal: Stauffacher; Wyniger, K. Krayem; Ahlström, Sommer; Perrenoud, Maurer; Schmied; Naber, Balzer, Liechti; Bandiera, Kläy, Y. Bopparrt; Schmid, H. Krayem, Schaub; Von Rohr, Büttikofer, A. Boppart; Meinen.
Bemerkungen: Huttwil ohne R. Nyffeler, Kilchenmann und Aebi (alle verletzt). Langenthal ohne Stöckli, Girardin, Schommer, Graber (alle verletzt), Smith (überzählig), Tassinari, Baumgartner und Schaad (alle U20)
Torhütertrainerin Franziska Ebener, Hockey Huttwil
Stürmer Tim Schaub, SC Langenthal