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Hockey Huttwil vs HCV Martigny 3:2
Ein grosses Spiel, ein grosser Sieg
Hockey Huttwil gewinnt das hochstehende, spektakuläre Gipfeltreffen gegen Tabellenführer Martigny 3:2 (0:0, 2:1, 1:1) und ist nun fürs Derby am Samstag gegen den SC Langenthal Favorit.
Martignys Kulttrainer Dany Gelinas, der in den letzten 20 Jahren schon als Assistent, Junioren- oder Cheftrainer bei Servette, Ajoie, Lausanne, Basel, Gottéron, Sierre und Visp gearbeitet hat und Hockey kann, brachte die Differenz auf den Punkt: „Die Huttwiler wollten den Sieg unbedingt, sie spielten intensiver und präziser und hatten mehr Energie.“ Ganz ähnlich beurteilte Huttwils „Bandengeneral“ Daniel Bieri diese schnelle, hochstehende und begeisternde Partie. „Unsere Mannschaftsleistung war entscheidend.“ Und lobte ausdrücklich den Zusammenhalt seines Teams.
Die beiden Trainer kamen also unabhängig voneinander zur gleichen Analyse. Nicht die talentiertere, sondern die, robustere, entschlossenere, leidenschaftlichere Mannschaft hat gewonnen. Das zeigte sich in der alles entscheidenden Phase nach dem 2:2. Martigny hatte in der 45. Minute einen 0:2-Rückstand aufgeholt und für die Schlussviertelstunde eigentlich alle Vorteile auf seiner Seite. Daniel Bieri überlegt sich in dieser kritischen Phase, in der dieses Spektakel auf des Messers Schneide steht, seinen Männern mit einem Timeout eine Atempause zu verschaffen und Martignys Rhythmus zu stören. Er tut es dann doch nicht und liegt richtig: Im nächsten Powerplay versenkt René Bruni den Puck zum Siegestreffer. Sein Schuss fährt auf der Stockhandseite des italienischen Junioren-Nationaltorhüters Edoardo Berti (er hat eine Schweizer Lizenz) wie ein Laserstrahl unhaltbar zum 3:2 ins Netz. Der 32jährige ehemalige SCB-Junior ist inzwischen mit 7 Toren der treffsicherste Verteidiger der Liga. Womit wir bei einem entscheidenden Faktor sind. Bei den „Special Teams“ (Hockey-Fachausdruck für Boxplay und Powerplay). Die Huttwiler nützen vier gegnerische Ausschlüsse zu zwei Toren (zum 2:0 und 3:2). Umgekehrt kann Martigny fünf Zweiminutenstrafen nicht ausnützen. Die Gastgeber überstehen beim Stande von 1:0 sogar 90 Sekunden und beim Stand von 2:1 mehr als eine halbe Minute mit zwei Mann weniger ohne Gegentreffer. Das Unterzahlspiel ist der ultimative Charaktertest einer Mannschaft und diesen Test haben die Huttwiler bestanden.
Die „weichen“ Faktoren – Wille, Leidenschaft, Disziplin, Zusammenhalt, Energie – waren also entscheidend. Aber ohne Talent, ohne feine Einzelleistungen geht es eben doch nicht. Kevin Liechti, der Finalheld von 2022 spielte wahrlich sein bestes Hockey und Daniel Bieri nützte die Gelegenheit, um die Arbeit von Torhütertrainerin Franzisca Ebener zu loben, die unter anderem auch für das Frauenteam von Zug arbeitet. Dass die Huttwiler gegen einen so spielstarken Gegner bei leichter optischer Unterlegenheit – 27:31 (6:7, 11:14, 10:10) Torschüsse – nur zwei Treffer kassierten und die Übersicht im Maschinenraum der Defensive nie verloren, verdanken sie zu einem schönen Teil Kevin Liechti. Und einmal mehr rockte der erste Sturm mit Joel Bieri in der Mitte sowie Timo Braus und Fabian Haldimann auf den Aussenbahnen – die wohl schnellste Flügelzange der Liga – die gegnerische Abwehr. Einer aus dem Trio hatte bei allen drei Treffern den Stock im Spiel und Timo Braus ist inzwischen der beste Torschütze (10 Treffer) der Liga. Der erst 24jährige ehemalige Langnau- und SCB-Junior ist einer der talentiertesten und schnellsten Stürmer der Liga und ein wenig verdanken die Huttwiler den Hockeygöttern, dass er nicht in der Swiss League stürmt: Gary Sheehan (soeben in Olten durch Christian Wohlwend ersetzt) war in der Saison 2019/20 Trainer bei Ajoie (damals in der Swiss League) und hatte das Talent von Timo Braus erkannt. Er hat kürzlich erzählt: „Ich wollte ihn zu einem Probetraining einladen. Aber dann haben wir den Cup gewonnen und ob all den Festivitäten und den bald beginnenden Playoffs habe ich es versäumt, ihn zu einem Probetraining zu holen.“ Niemand vermag zu sagen, ob sich Huttwils Topskorer im Probetraining für einen Vertrag beim späteren Aufsteiger hätte empfehlen können. Wenn wir sehen, wie er jetzt übers Eis fliegt, dann müssen wir sagen: Eigentlich wäre er gut genug für die zweithöchste Liga. René Bruni hinten an der blauen Linie, Timo Braus wirbelnd und brausend vorne: Meistens stehen die beiden gemeinsam auf dem Eis und bilden sozusagen die Kurbelwelle im gut geölten offensiven Triebwerk der Huttwiler.
Hockey Huttwil ist mit einem nahezu perfekten Spiel der bisher grösste Sieg in dieser Saison gelungen. Eigentlich die perfekte Vorbereitung für das Derby am Samstag (17.30 Uhr) im heimischen Stadion gegen den SC Langenthal. Auf die 2:3-Pleite in Dübendorf haben die Huttwiler heftig und überzeugend mit einem 8:0 gegen Bülach und nun dem Triumph über den Tabellenführer reagiert. Der SC Langenthal hat fünfmal hintereinander (gegen Seewen, Martigny, Frauenfeld, Dübendorf, Thun) verloren. Theoretisch ist also Hockey Huttwil im Derby himmelhoher Favorit. Aber genau darin liegt die Gefahr. Daniel Bieri sagt: „Wenn wir nicht auf dem Boden bleiben und nicht mit hundertprozentiger Konzentration bei der Sache sind, dann erleben wir eine böse Überraschung.“ Er werde dafür sorgen, dass keiner die Bodenhaftung verliere. Einen Vorteil hat Huttwils Erfolgstrainer: Es ist alles in allem ein wenig einfacher dafür zu sorgen, dass eine Mannschaft, die hoch fliegt, die Bodenhaftung nicht verliert als eine Mannschaft, die einfach nicht mehr vom Boden abheben kann, zum Fliegen zu bringen.
Klaus Zaugg
Headcoach Daniel Bieri, Hockey Huttwil
Stürmer Mojonnier Mathys, HCV Martigny