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Hockey Huttwil vs EHC Chur 3:5
Blitz, Donner und Drama
Hockey Huttwil gibt in einem wilden Spektakel ein 3:0 aus der Hand. Chur gewinnt 5:3 und gleicht den Viertelfinal aus. Am Samstag gibt es in jedem Fall noch einmal ein Spiel in Huttwil.
Von Milena Zaugg
Es ist nicht so, dass die Huttwiler nicht gewusst hätten, was es geschlagen hat. In Chur waren sie im ersten Spiel 0:2 in Rückstand geraten ehe in der Verlängerung doch noch ein Sieg (3:2) gelang. Also war allen klar: Bereit
sein! Stürmer Timo Braus brachte es vor der zweiten Partie am Dienstag auf den Punkt: „Wir müssen einen besseren Start hinlegen, die Nervosität in den Griff bekommen, auf ihre schnellen Angriffe aufpassen und Druckphasen
überstehen. Es ist bloss der erste Sieg und wir müssen an unsere Leistung des ersten Spiels anknüpfen."
Genau das taten die Huttwiler. Sie dominierten mit intensivem, rauem, schnellem Spiel die Bündner. Michael Ruch traf schon in der 6. Minute zum 1:0 und die Gastgeber liessen nicht locker. Eine halbe Sekunde (!) vor Schluss
des ersten Drittels gelang Timo Braus das 2:0. Jubel auf den Rängen – zumindest von jenen, die nicht schon draussen beim Bratwurststand in der Kälte zitterten. Und jene, die meinten, man müsse – anders als einst in der Schule nach der Pause nicht pünktlich wieder auf seinem Platz sein, verpassten erneut ein Spektakel: Nur 52 Sekunden nach Wiederbeginn traf Yannick Lerch nach einem schnellen Konter und dank hartnäckigstem Nachsetzen zum 3:0.
Niemand dachte daran, dass dies der letzte Treffer der Huttwiler an diesem Abend sein sollte.
Churs spielerische Klasse hatte im ersten Drittel bloss ein wenig aufgeblitzt. Huttwils Führung war schmeichelhaft und entsprach nicht ganz dem Stärkeverhältnis. Die Bündner waren bereits in dieser ersten Phase spielerisch
eher besser und schneller. Aber die spielerischen Blitze schlugen nicht ein. Weil der Donner der Intensität, der Entschlossenheit und der Härte in den Zweikämpfen fehlte.
Das sollte sich nun ändern. Im zweiten Drittel kehrte bei Chur die Energie zurück, ihr Spiel wurde intensiver, schneller, härter. Die Huttwiler hielten dagegen und so entwickelte sich ein wildes Spektakel, das bald einmal
zu einem Drama wurde. Huttwils Trainer Daniel Bieri spürte das heraufziehende Gewitter und nahm sein Time-Out um die Jungs zu beruhigen. Aber er konnte das Unheil nicht abwenden. In der minimalen Zeitspanne von 24 Sekunden
(!) erzielten die Gäste in der letzten Minute des Mitteldrittels die zwei Tore vom 3:1 zum 3:3. Diesmal blieb jenen, die schon draussen beim Bratwurststand in der Kälte zitterten, das Drama von zwei Gegentoren erspart.
Wer ein 0:3 aufholt und mit 3:3 ins Schlussdrittel geht, hat alle psychologischen Vorteile auf seiner Seite. Die Entscheidung fiel in der 44. Minute mit dem 4:3 für Chur. Die Statistik vermag die Dramatik dieses letzten Drittels
nicht zu vermitteln. Das, was die Huttwiler im letzten Drittel boten, gehört zum besten, was die Fans in dieser Saison zu sehen bekommen haben. Wäre den Huttwilern die Wende gelungen, würden wir jetzt schreiben: Verdient!
Sie dominierten ihren Gegner, die Intensität war nun noch höher. Chur wankte. Aber Chur fiel nicht. Die Hockey-Götter standen den Bündnern bei. Die Hockey-Götter sind eben auch mit den Tapferen. Nico Gurtner traf den Pfosten
und später tanzte der vom Pfosten zurückprallende Puck auf der Linie. Zwei Minuten lang konnten die Huttwiler mit fünf gegen drei Powerplay (ab der 53 Minute) spielen. Aber das 4:4 wollte und wollte und wollte nicht fallen.
Torhüter Jan Rutz, erst 20 Jahre alt und schon mit der Erfahrung von zehn Spielen in der Swiss League mit Winterthur in der letzten Saison, liess sich nicht mehr bezwingen. Auch nicht von Jan Petrig, der Held des ersten
Spiels, der in Chur den Pass zum Ausgleich (2:2) gegeben und in der Verlängerung den Siegestreffer (3:2) erzielt hatte: Er mahnte mit seiner offensiven Schlauheit, seiner Leichtfüssigkeit und seiner vorzüglichen Stocktechnik
ein wenig an den wahren Chris DiDomenico. Aber so, wie „DiDo" in Bern nicht immer alles gelingt, so blieb am Dienstagabend halt auch Jan Petrig ohne Skorerpunkt. Sage mir, ob Jan Petrig trifft, und ich sage dir, ob die Huttwiler
eine Chance haben: Sie brauchen – wie Bern – einen Künstler, um ein Spiel gegen dieses starke Chur zu gewinnen. Sein Talent kann den Mut und die Leidenschaft seiner Mitspieler krönen. Er kann der Spieler sein, der ein Spiel,
ja sogar eine Serie entscheidet. Ohne Petrigs Skorerpunkte blieb es am Dienstag beim Drama ohne Happy-End.
Die nächsten zwei Akte in diesem Drama: Am Donnerstag (20.00 Uhr) in Chur und am Samstag (17.30 Uhr) in Huttwil.
Verteidiger #33 Céderic Maurer, Hockey Huttwil
Headcoach Daniel Bieri, Hockey Huttwil
Stürmer Jerome Portmann, EHC Chur
Coach Björn Gerhard, EHC Chur